Krebs + Psychosomatik /Teil1: Stress + Einsamkeit. As ich vor zehn Jahren die Diagnose Brustkrebs erhielt, war meine Frag nicht “Warum ich? “ sondern: „was hat´s mit mir zu tun?“ Nach einer 5 jährigen Ausbildung zur Kunsttherapeutin mit psychoanalytischem Hintergrund und über 600 Stunden Praktikum in entsprechenden Einrichtungen war dies naheliegend. Die Psychosomatik stellt die Frage, ob und welche psychischen Faktoren die Entstehung und den Verlauf körperlicher Krankheiten beeinflussen können. Den Krebs bzw. Tumor begriff ich von Anfang an als Teil von mir, woraus die Frage resultiert: wie kam´s dazu? Als ich vor neun Jahren nach Traunstein zog, hielt ich einen Vortrag mit dem Titel „Diagnose Krebs – was dann?“. Schon damals legte ich einen Focus auf das Thema „Stress“ und seine Auswirkungen auf das Immunsystem. Damals sagte die Medizin noch, dafür gäbe es keine Beweise. Heute aber gibt es natur- und sozialwissenschaftlich exakte Studien die die Auswirkung von Einsamkeit und Stress sowie von Erschöpfung auf das Immunsystem belegen.
Für ein gesundes Immunsystem ist ein Kopierfehler bei einer Zellteilung kein Problem – der Fehler wird erkannt und die fehlgeleitete Zelle eliminiert. Wann aber funktioniert dieses Reparatursystem nicht mehr? – Zum Beispiel bei Dauerstress der oft unweigerlich in einem Ohnmachtsgefühl endet. In plötzlichen Stressmomenten aktiviert das Gehirn ein archaisches Notfallprogramm, die Optionen Angriff oder Flucht lassen das Immunsystem auf Hochtourenlaufen.Enorme Kräfte und Leistungsfähigkeit werden aktiviert. Anders beim Dauerstress und der Ohnmacht: es kommt zu einer Erstarrung, die körpereigene Abwehrstrategie bricht zusammen. Darin liegt zusätzlich die Gefahr des Diagnoseschocks: ein ohnehin schon wenig aktives Immunsystem liegt dann völlig brach. Aber erst jetzt hat man exakte wissenschaftliche Studien dazu, denn das Immunsystem reagiert mit Zeitverzögerung: emotional einschneidende Alltagsereignisse sind erst 90 Stunden später messbar, erst dann wirken sich die Stressoren körperlich aus und deutlich erhöhte Entzündungsparameter werden meßbar. Glücksmomente bewirken das Gegenteil – und sind ebenfalls erst einige Tage später in Form erhöhter Abwehrzellen messbar.
Was alles macht uns Stress? Allein sein und Einsamkeit z.B.! Martha McClintock vom „Institute for Mind and Biology“ in Chiacago isolierte Mäuse, die zwar ihre Nachbarn sahen aber keinen Kontakt zu ihnen hatten. Die einsamen Mäuse hatten eine 40% geringere Lebenserwartung als die anderen, Brustkrebs war bei den weiblichen Mäusen die häufigste Erkrankung, der zudem 8mal schneller wuchs als in den Vergleichsgruppen. Die Forscherin wies nach, dass die Stresshormone einen Gendefekt in den Zellen des Hirngewebes verursachten. Somit war biologisch bewiesen, dass Kontakt zu anderen und das soziale Umfeld eine entscheidende Rolle spielt. Auch bei alleinlebenden Frauen in den Armenvierteln von Chicago wurde eklatant häufig Brustkrebs festgestellt, zudem eine Form die schwer zu behandeln ist: „Tripple negativ“. Untersuchungen zeigten bei diesen Frauen einen deutlich veränderten Stoffwechsel, begründbar durch die Angst der Frauen in der Nacht, die deshalb über lange Zeit keine Tiefschlafphasen mehr hatten. Die daraus resultierende chronische Erschöpfung gekoppelt mit Angstzuständen legte das Immunsystem lahm. Forschungen zur Selbstheilung belegen, dass diese nur im Austausch mit anderen Menschen, also in der sozialen Interaktion, in Gang gesetzt wird. Es braucht das Vertrauen zum Arzt und zu der behandelnden Person damit sich die Zellen auf neuronaler Ebene verändern. Der Placebo-Forscher Prof. Benedetti wies nach, dass Überzeugung, Glaube und Zuversicht einen unmittelbaren Einfluss auf die Neuronen im Gehirn haben – aber immer nur in Kombination mit dem behandelnden Arzt und Therapeuten.
Ich war damals bereits im Umbruch – nach dem Motto „lieber ganz allein als einsam zu zweit“. Gleichzeitig gab es ein tragfähiges, soziales Netzwerk – Freunde, wirklich gute Freunde! Freunde, die fragten „was machst du?“ anstatt zu fragen „wie geht’s dir?“. Die Ärztin in der Strahlenabteilung sagte „suchen Sie sich eine Busenfreundin“ – gut dass ich schon welche hatte! (An dieser Stelle liebe Grüße nach Kalifornien, Altötting und Innsbruck!)
„Herrscherin“, Acryl auf Leinwand, © Sabine Penzenstadler, bin-art