in memoriam Louise Bourgeoise

Der Schmerz – psychischer und physischer Art –  ausgelöst und geschürt durch die Beziehungsdramen zwischen Mann und Frau, durch die gesellschaftliche Abwertung und Erniedrigung der Frau, das sei der Urgrund ihrer Arbeit, so die Künstlerin Louise Bourgeoise. Ich wurde auf sie aufmerskam durch eine Portrait-Foto von Robert Maplethorpe und begab mich dann auf Spurensuche – so begeistert war ich von dem frechen, verschmitzen Blick dieser Frau mit den vielen Falten im Gesicht, die mit einer Skulptur eines übergroßen Penis unterm Arm geklemmt mir zuzublinseln schien „nimm die Männer nicht so ernst“.

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Und heute früh hör ich im Radio, dass diese bewundernswerte Künstlerin gestern im Alter von 98 Jahren an einem Herzinfarktverstarb; so sitze ich nun hier, trinke meinen Frühstückscafe und schmöckere in ihrem Katalog „Das Geheimnis der Zelle“.

In Bregenz hatte ich die Gelegenheit, eine große Ausstellung von ihr zu sehen. Ihre „insomnia drawings“, die Zeichnungen der Nacht, entstanden im Bett sitzend und in großer Zahl auf Grund jahrelanger Schlaflosigkeit, haben mich  beglückt und ispiriert. „Zeichnungen sind Denkfedern, es sind Ideen, die ich mitten im Flug erhasche und auf Papier setze. Alle meine Gedanken sind visuell….“, sagte sie in einem der wenigen Interviews, das sie gab. (3sat Kulturzeit, link siehe unten).

Dem Körper und der Körperlichkeit der Geschlechter widmete sie sich intensiv – mal  filigran, mal üppig und monströs. Die „Zellen“- Installationen ließen mich erschauern: sie geben den grau-braunen Muff des Biedermeier-Bürgertums derart wieder, dass Ekel, Abscheu, Angst und Fluchtreflexe, so wie sie diese als Kind täglich erlebte, mir unter die Haut gekrochen sind.

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Diese Zellen haben mich ganz sicher zu meinr Assemblage “ …wer im Glaushaus sitzt“ , entstanden nach meiner Scheidung, inspiriert.

Auch bei den Recherchen zum Thema „Mamma CA“ stieß und fand ich immer wieder Skulpturen von ihr, die die Brüste als urweibliches Symbol thematisieren und aufarbeiten.

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Um die  Arbeiten Louise Bourgeoise zu verstehen ist das Wissen um ihre Biografie sehr hilfreich. Um zwischen sich und ihre Kindheitserlebnisse und Erinnerungen daran einen möglichst großen Abstand zu bringen wanderte sie in die USA aus. Dort war sie zunächst erst einmal Hausfrau und Mutter, zog drei Kinder groß und zeichnete am Küchentisch, wenn etwas Zeit blieb. Dort entwarf sie auch  ihre Holzstehlen, mit denen sie an die Öffentlichkeit ging aber nie groß Erfolg hatte oder Beachtung fand. Dann wandte sie sich der Umsetzung ihrere Erinnerungen und Erfahrungen zu, verarbeitete künstlerisch was sie erlebte und ließ dabei immer auch die Ambivalenz erkennen:Faszination und Abscheu, Gefangensein und Geborgensein, Spiel und Ernst liegen nahe beieinander. Bekannt und berühmt wurde sie dann vor 25 Jahren, da war sie  bereits über 70 Jahre. Täglich arbeitete die kleine Frau, die so große Kunst machte und doch ständig von Selbstzweifeln geplagt war, unermüdlich weiter : in ihrem Atelier in Manhattan entwarf und konzipierte sie, was die Assistenten  dann unter ihrer Anweisung umsetzen. Regelmäßig empfing sie junge Künstler, um deren Arbeiten zu besprechen – und sparte selten mit Kritik.

Wer mehr über diese grande dame der Kunst erfahren möchte kann reinhören und reinsehen unter :

http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/specials/86946/index.html

Außerdem werden auf den HPs der Zeitungen und Verlagshäuser, ob nun unter zeit.de, spiegel online oder der SZ, gerade ausführliche Reportagen und Nachrufe ins Netz gestellt.

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