Meine „Lebensgestaltung“ ist im Moment ziemlich umfassend und vielschichtig und deshalb gibts grad mal weniger Einträge. Gut dass es einen Tag geregnet hat und so blieb mal wieder etwas Zeit fürs Atelier. Aus einer konturlosen Farb-Monotypie wurde die Siegesgöttin „Nike“.
Ich hab sie gleich weiter verschenkt – an Michaela Karl. Sie erinnert als Autorin in ihren Büchern an Menschen, die aus der Rolle fielen , die durch ihr Leben und Wirken Mißstände anprangerten und gesellschaftliche Veränderungen in die Wege leiteten. Das zwar nicht immer „siegreich“, so wie „Nike“, aber siegreich im dem Sinne , für eine Überzeugung einzustehen und bereit zu sein durch Höhen und Tiefen zu gehen. So wie Z.B. Emerenz Meier, als die ich zum „Fest der Legenden“ nach Osterhofen geladen war – in Begleitung von „Fürstin Mechthilde Lichnowsky“.
Soeben neu erschienen von Michaela Karl sind eine Biografie über Dorothy Parker („Noch ein Martini….“) und eine über Liesl Karlstadt („Gesichter einer Frau und Künstlerin“). Habe mich als Vorbereitung auf diese Rolle natürlich auch ein wenig mit Emerenz Meier, der Dichterin aus dem Bayerwald, ihren Schriften und ihrer Lebensbiografie befaßt. Sie bezieht Stellung gegen den Kommunismus und den Nationalsozialismus, gegen die Kirche und später, kaum nach Amerika ausgewandert (1906) , auch gegen den amerikanischen Imperialismus. Sie ist empört, als sie feststellt, dass in Amerika das Brot und das Getreide vernichtet werden, dass die Schlachthöfe oft tagelang still stehen, nur um die Preise stabil zu halten während die Mernschen hungern und darben. Das ist 100 Jahre her – ich denk mir: was hat sich geändert?! Stärke und Muße bezog Emerenz Meier aus der Natur, die sie genaubeobachtet und beschreibt – letzteres im Laufe ihres Überlebens-Kampfes immer weniger. In Briefen an alte Freunde kommt ihr kritischer Blick zu Tage, doch Gedichte und Novellen bleiben aus. Und während ich mich also einlese in Emerenz Meier widerfährt auch mir so manches:
Drob`n nebam Fensterl , auf da Dochrinn, sitzt a Vogerl was hods im Sinn? Putzt sei Flügerl, wetzt sei Schnaberl, singt a Liaderl – do loßts was foin! Direkt in Kaffetass nei, ja wos für a Sauerei, loß ma do glei mei Ruah du deppadts Vogei du! Bist recht im Lustisei, scheißt dir schon eppa nei, daß dir ned goar am End s`Glücksroß durchbrennt.
Am Sonntag wurde im Vogelhuberhaus in Bernau am Chiemsee die Ausstellung der „OptiMalGruppe“ eröffnet, einem Zusammenschluß von 5 Malerinnen die sich seit fast 25 Jahren regelmäßig treffen um gemeinsam zu Malen, Bildideen und Themen zu entwickeln. Info: http://optimalgruppe.blogspot.com/2007/04/historie.html
Bild von Ursula Busch
Für diese Ausstellung befassten sie sich eingehend mit einem Text der Joseph Beuys zugeschrieben wird:
Lass dich fallen,
lerne Schlangen beobachten,
pflanze unmögliche Gärten.
Lade jemanden Gefährlichen zum Tee ein,
mache kleine Zeichen, die Ja sagen und verteile sie überall in deinem Haus.
Werde ein Freund von Freiheit und Unsicherheit.
Freue dich auf Träume.
Weine bei Kinofilmen,
schaukle so hoch du kannst mit deiner Schaukel bei Mondlicht.
Pflege verschiedene Stimmungen,
verweigere verantwortlich zu sein,
tue es aus Liebe.
Glaube an Zauberei,
lache eine Menge,
bade im Mondlicht.
Träume wilde phantasievolle Träume,
zeichne auf die Wände.
Lies jeden Tag.
Stell dir vor, du wärst verzaubert,
kichere mit Kindern,
höre alten Leuten zu.
Spiele mit allem,
unterhalte das Kind in dir,
du bist unschuldig,
baue eine Burg aus Decken,
werde nass,
umarme Bäume,
schreibe Liebesbriefe.
(Joseph Beuys)
„how to be an artist“
Diese Aufforderungen setzten sie in Farbe und auf Leinwand um. Das Bild oben ist von Ursula Busch und heißt „Spiele mit allem, unterhalte das Kind in Dir“, die folgenden drei Bilder sind von Jutta Haider , links: Freu dich auf Träume/ Mitte: Lass Dich fallen / rechts: Glaube an Zauberei.
Die Bilder sind noch bis 10.1. zu sehen. Eine gute Gelegenheit dafür sind die Seminare, die ich im November im Vogelhuberhaus halte. Infos dazu auf meiner HP unter:http://www.michaeladreier.de/neuekurse.html (ganz unten auf „kurs3“ klicken!). Weil das Thema der Seminare die Archetypen sind und der erste Tag, der Samstag, 6. November der „Herrscherin“ gewidmet ist – die Teilnahme übrigens kostenlos! – leihe ich mir hier ein Foto von Sabine aus dem Tarotgarten von Nicki d` St.Phalle; es zeigt die Herrscherin und Niki de Saint Phallelebte in ihr während der Tarotgarten in Italien entstand: http://www.nikidesaintphalle.com/
Traumfetzen in der Nacht: ich begegne dem Tod, erkenne ihn aber erst spät denn er hatte sich gut getarnt als Unfallopfer,wird erst im Laufe des Traums enttarnt als Attentäter, als Verursacher einer Massenkarambolage. Als ich an den Unfallort komme gibt es für mich schon nichts mehr zu tun als zügig meiner Wege zu gehen. Da ein Zurück nun nicht mehr möglich ist, mußte ich den Berg rauf und als ich im Schneefeld lande sage ich via handy denen Bescheid, die auf mich warten , dass es wohl noch etwas dauern wird bis ich komme da ein Umweg sich nicht vermeiden läßt. Wem dieser Anruf gilt – den Lebenden oder Toten – erinnere ich nicht, allerdings macht beides Sinn: meine Erkrankung hatte einen einjährigen „Umweg“ zur Folge ehe ich wieder ganz zurück kehrte ins Leben. Mein momentanes Wohlergehen ist eine Absage an all jene, die mir in den Tod voraus gegangen sind.
Ein verrückter Traum?Bei so vielen Abschieden – Gertraud Daxenberger, Sepp Daxenberger und Christoph Schlingensief – ist es kein Wunder dass ich grad viel Nachdenke über Krebs, den Tod, das Sterben. Eingeläutet wurde das Thema mit dem Seminar “ Kunsttherapeutische Methoden für an Krebs erkrankte Menschen“ das ich im Juli in Münche hielt. Damals wurde im SZ-magazin das – letzte – Interview mit Sepp Daxenberger veröffentlicht und hängen geblieben ist vorallem das Zitat „dem Leben nicht mehr Tage geben, sondern den Tagen mehr Leben“. Sepp war Visionär, so wie Christoph Schlingensief auch, beide hatten noch viel vor. Visionen haben Viele, wirklich umgesetzt in dieser konsequenten, für sich und andere oft unbequemen Art wie diese beiden tuns die Wenigsten. Darum waren sie für mich lebendig, intensiv, mit Vorbildcharakter – bis zum Schluß! Und beide haben geredet über ihren Krebs, ihre Angst, gingen nach außen damit – und machten auf ihre persönliche Weise vielen Betroffenen Mut! Das wurde mir bewußt als ich kürzlich auf 3sat das Schliengensief-Inteview mit Katrin Bauerfeind sah und im Anschluß den Film zum Fluxus-Stück „Eine Kirche der Angst gegen den Feind in mir“. Das Inteview gibts auch auf youtube:
Jetzt gehts für mich darum, inne zu halten und dies als Chance zu nutzen erneut meine eigene Einstellung, meine Resonanz ( Grüße an Bert Heuper!) und meine Ängste zum Sterben und Tod zu klären – wobei es eher die Unvorstellbarkeit der Abwesenheit von Leben ist.
Gestern wollte ich mir in einer Buchhandlung in Simbach am Inn einen Gedichtband von oder ein Buch über Hilde Domin kaufen. Natürlich war keins da, aber – keine der Buchhändlerinnen hatte jemals den Namen gehört oder geschrieben… das fand ich dann schon seltsam. Muß man Hilde Domin kennen ? Ich meine , man versäumt etwas wenn nicht! Das wurde mir klar als ich vor ein paar Tagen noch einmal die Möglichkeiten hatte, den Film „Ich will dich Begegnungen mit Hilde Domin“ von Anna Ditges als DVD zu sehen. Ich habe auch versucht zu zeichnen, während des Film – aber die kleine, agile Schriftstellerin ist „schwer zu fassen“, zumindest im Bild. Im Film wird sie einem sehr nah, ihr Leben, ihr Allein sein – Erwin Walter Palm, ihr Ehemann, verstarb nach 57 gemeinsamen Ehejahren – aber auch ihre Kraft, ihre Eitelkeit – und ihre Worte, Prosa, die Gedichte, im Film so wunderbar vorgetragen von Katharina Thalbach. wikipedia schreibt über die berühmte Lyrikerin ( von mir etwas abgewandelt):
Hilde Domin wurde 1909 in Köln in eine gutbürgerliche Familie hinein geboren. Nach der Schule besuchte sie die juristische Fakultät der UniHeidelberg – der vater war Jurist und sich bezeichnet ihn als Freund, mit dem sie schon als Mädchen viel und offen diskutieren konnte, gerade auch juristische Fragen. Sie sei in großer Freiheit aufgewachsen und durfte für diese Zeit ungewöhnlich viel , beschreibt sie diese ihre Zeit der Kindheit. An der Uni hatte sie mit Kommilitonen Mein Kampf gelesen und besaß die Weitsicht, dass Hitler das, was er in Mein Kampf geschrieben hatte, auch ausführen würde. (Tauschwitz: Dass ich sein kann, wie ich bin. S. 52). Unmittelbar nach ihrer Rückkehr nach Heidelberg zum Sommersemester 1931 lernte sie den jüdischen Frankfurter Altphilologie- und Archäologiestudenten Erwin Walter Palm kennen und lieben. Die beiden wurden ein Paar und, seiner Italiensehnsucht nachgebend, begannen beide im Herbst 1932 ein Auslandsstudium in Rom. Hilde Domin studierte Jura, Philosophie und politische Wissenschaft, promovierte 1936 über Staatsgeschichte der Renaissance (Univ. Florenz). Schon ab Februar 1934 richtete sich die italienische Rassenpolitik auch gegen Juden: Über Paris führte sie die Flucht nach England, dort unterrichtete Hilde Palm ein halbes Jahr lang als Sprachlehrerin am St. Aldwyns College. Angesichts der Kapitulation Frankreichs und des drohenden Blitzkriegs entschlossen sie sich zur Flucht aus England und so flohen sie am 26. Juni 1940 über Kanada in die Dominikanische Republik. Dort war Hilde Palm eine großartige Sekretärin: Sie übersetzte und tippte die Arbeiten ihres Mannes, dokumentierte seine Studien fotografisch und unterrichtete von 1948 bis 1952 Deutsch an der Universität von Santo Domingo.
Mit 37 Jahren begann sie mit ersten schriftstellerischen Tätigkeiten, der zunehmenden seelischen Vereinsamung und Entfremdung ihres Mannes setzte sie ihr Schreiben entgegen, das sie nach dem Tod ihrer Mutter, 1951, vor dem Selbstmord rettete. Sie war eine Sterbende, die gegen das Sterben anschrieb.1954 kehrte sie nach 22 Jahren im Exil in die Bundesrepublik zurück, doch pendelte sie noch sieben Jahre zwischen Spanien und Deutschland hin und her. Erwin Walter Palm vervollkommnete seine ibero-amerikanischen Studien, Hilde Domin intensivierte ihre schriftstellerische Tätigkeit. In Miraflores de la Sierra machte sie die Bekanntschaft mit dem spanischen Dichter Vicente Aleixandre, der den Kontakt zur Literaturzeitschrift Caracola herstellte, in der Domin ihre Übersetzungen veröffentlichte. Ihr PseudonymDomin hatte sie nach dem Namen ihrer Insel gewählt, wo sie ihr Dichterleben begann.
Domin empfand sich als Gratwanderer, mit viel Welt, aber wenig Boden unter den Füßen. Sie sah sich als spanische Autorin in deutscher Sprache, geprägt vom arabischen Erbe des Spanischen und damit Ungaretti verbunden, der sich vom Ägyptischen beeinflusst fühlte. In ihren späteren Gedichten ließ sie sich von der japanischen Kunsttheorie inspirieren und sah auch den Einfluss Hölderlins. Domin trug in Lesungen ihre Gedichte zweimal vor. Sie las in Gefängnissen, Schulen und Kirchen. In einem Interview 1986 wurde ihr die Frage gestellt, wie viel Mut ein Schriftsteller benötige: Ein Schriftsteller braucht drei Arten von Mut. Den er selber zu sein. Den Mut, nichts umzulügen, die Dinge beim Namen zu nennen. Und drittens den, an die Anrufbarkeit der anderen zu glauben.“
Am 22. Februar 2006 starb Hilde Domin in Heidelberg im Alter von 96 Jahren nach einer Operation nach einem Sturz.
Wunsch……………………von Hilde Domin
Ich möchte von den Dingen die ich sehe
wie von dem Blitz
gespalten werden
Ich will nicht daß sie vorüberziehen
farblos bunte
sie schwimmen auf meiner Netzhaut
sie treiben vorbei
in die dunkle Stelle
am Ende der Erinnerung