Leben+Tod

Glück + Trauer

Während ich gestern  im Bayern2 Radio ein sehr gelungenes Feature über das Glück hörte : http://www.br-online.de/bayern2/nachtstudio/radio-revue-13-meditationen-nachhoeren-ID1292842758649.xml, war ich in meiner Küche kreativ: Walliser Nußkuchen und Pasta-Teig. Zur theoretischen Abhandlung kam die praktische Umsetzung also unmittelbar hinzu, denn wie sagte einst Sophia Loren: Nudeln machen glücklich!

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Tortellini mit Lachsfüllung : die Farce aus warm geräuchertem Lachs, Kräutern und Sahne, einfach mit der Gabel verrührt; der Pasta-Teig diesmal mit 2 Eiern; das ganze getoppt mit einer leichten Sauce aus Kräutern und 4 Cocktail-Tomaten, 2-3 Schuß Riesling Kabinett trocken ( Spindlers wunderbare „Philosophie“) und ein wenig flüssige Sahne, abgerundet mitParmesan. Die Tortellini kamen zum Trocknen auf den Wäscheständer, die gabs heute mit Lachs.

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Zufrieden und glückselig saß ich am Abend da, als ein Anruf mit trauriger Nachricht kam: mein Großonkel ist ganz plötzlich verstorben. Glück und Trauer und Abschied liegen wieder einmal ganz nah beieinander! Die Umstände dieses Abschieds sind wie ein flashback: keinerlei Verabschiedung war möglich! von Moltkes Zitat trifft ins Schwarze, nachdem man einen Menschen, der gestorben ist, zwar beweinen kann, aber  „diejenigen sind zu beklagen, die ihn geliebt und verloren haben.“ Mein Mitgefühl gilt allen voran also meiner Großtante, dem Sohn mit Familie, den Enkeln und der Schwester.

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Lynn Redgrave

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In meiner Ausstellung habe ich die Arbeitsserie „Frauenfeld“ all den Frauen gewidmet,

  • die einmal in ihrem Leben mit der möglichen Diagnose von Brustkrebs konfrontiert sind – das ist in Deutschland jede 3te  Frau; die Schatten und Veränderungen in der Brust stellen sich dann als nicht bösartige Gewebsveränderungen heraus – doch trotzdem: der Schock sitzt tief!
  • die an Brustkrebs erkranken – das ist in Deutschland jede 8te. Frau
  • und die an Brustkrebs sterben – das sind in Deutschland 55 Frauen am Tag – ein ganzer Bus voll -Brustkrebs macht auch keinen Unterschied zwischen Alter, Herkunft oder sozialem Hintergrund

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Am Sonntag, 2. Mai,  verstarb die Schauspielerin Lynn Redgrave im Alter von 67 Jahren; 2003 begann ihr Kampf gegen diese Krankheit. Zusammen mit ihrer Tochter hat sie ein sehr berührendes Buch herausgegeben: „Journal – A Mother and Daughter’s Recovery from Breast Cancer (2004)“… es ist meines Wissens nur in Englischer Sprache erschienen.

Besonders Lynn Redgrave hat sich sehr für mehr Verständnis und eine größere Akzeptanz von Mütterlichkeit und Weiblichkeit eingesetzt:]während eines Filmdrehs wurde sie 1981 verklagt, gegen das „Still-Verbot“ verstoßen zu haben  – sie hatte ihre Tochter am Set gestillt; nicht vor laufender Kamera, nein, am Set! Sie verlor alle Prozeße bezüglich dieses Rechts auf  natürliche Versorgung und Zuwendung einer Mutter ihrem Kind gegenüber und die Prozeßkosten sowie die 10-Millionen-Klage trieben sie fast in den Ruin . Trotzdem ging sie unbeirrt ihren Weg  – als Schauspielerin, Mutter, Frau. Mit ihrer Erkrankung ging sie auch an die Öffentlichkeit. So wie sie sich zehn Jahre zuvorzu ihrer Bulimie bekannte, scheute sie auch diesmal nicht die Öffentlichkeit. Die NewYorkTimes zeigt eine Bilder-Schau aus ihrem Buch :

http://www.nytimes.com/slideshow/2004/04/15/magazine/20040418_REDGRAVE_1.html

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Leuchtturm sein

Die letzten Nächte bin ich abgetaucht in ein Buch, das mich gleichermaßen fasziniert, berührt und bewegt hat –  vorallem letzteres und gerade im Hinblick darauf, eine neue Sicht der Dinge zuzulassen. Die Rede ist von Davids Rieffs Buch „Tod einer Untröstlichen – Die letzten Tage von Susan Sontag“. Als Sohn hat er seine Mutter vom Tag der endgültigen Diagnose an,  als bei der Schriftstellerin MDS, eine besonders bösartige Form von Leukämie, festgestellt wurde, bis zu ihrem Tod acht Monate später begleitet. Zweimal schon hatte Susan Sontag den Krebs entgegen aller Prognosen überwunden ( 1977 metastasierenden Brustkrebs, 1998 Gebärmuttersarkom) –  mit unglaublicher Zähigkeit und Schmerzbereitschaft. „Ich sauge an tausend Strohhalmen“ schrieb sie in ihr Tagebuch – und dabei ist sowohl die Hoffnung gemeint als auch der Wille und die Lust am Leben. Für sie kam Sterben nicht in Frage, der Tod war unvorstellbar, und so entschied sie sich einmal mehr für den kämpferischen Weg was für sie bedeutete: die neuesten, härtesten Therapien nach allen Regeln der Schulmedizin anzuwenden. Freunde hatten das zu akzeptieren und sie darin zu unterstützen. Dem Sohn wies sie vorallem die Rolle des Hoffnungsgebers zu.

David Rieff tritt in diesen 160 Seiten nicht den Krankheitsverlauf  seiner Mutter breit und nur in Nebensätzen läßt er das Leid erahnen. Vielmehr setzt er sich mit der Rolle des betroffenen Angehörigen auseinander – sowohl rückblickend als auch während dieser Zeit. Er hadert mit dieser Rolle des „Komplizens der Illusion“ und stellt sich die Frage, ob nicht ein „Umlenken der Hoffnung“ hin zu einem bewußten Strebeprozeß und Abschied sinnvoller gewesen wäre. Er hadert mit dem leidvollen Weg seiner Mutter – warum kein schneller Herztod für eine Frau, die den Tod so sehr negiert und fürchtet und deren Anriebsmotor immer war „sich selbst zu übertreffen“? Aber er hadert nicht mit dem Bemühen der Ärzte dem Wunsch und Willen der Patientin nachzukommen und alles menschen- und medizinisch Mögliche für ein Überleben zu versuchen. Was mich wiederum zu einem bedingungslosen akzeptieren auch dieses Standpunktes veranlaßt: der Patient ist das Maß aller Dinge! Über seinen Weg, seine Entscheidungen zu urteilen und somit über die Dienstleistung der Ärzte wäre anmaßend!

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links im Bild David Rieff, lesend im Krankenhauszimmer, veröffentlicht in „A photographers live“ von Anne Leibovitz, der langjährigen Lebensgefährtin Susan Sontags

Zurück zum Buch. Es beginnt mit dem Satz „Kein Gedanke lag mir fernen. Ich glaubte am Ende einer langen Auslandsreise… zu sein“  beschreibt David Rieff , selbst Schriftsteller und vorallem unterwegs in Krisengebieten dieser Welt, eben jene Situation am Flughafen und jenes Telefonat mit seiner Mutter , mit dem ein ganz anderer Weg beginnen sollte….. Nach ihrem Tod liest der Sohn dann die Tagebücher der Mutter und erkennt einmal mehr, wie unglücklich sie oft  im Leben war, von Depressionen und Zweifeln gebeutelt. Eine weitere Welle an Schuldgefühlen droht heranzurollen der sich der Autor erneut stellt. Das Buch endet mit dem Satz, den seine Mutter ihm schon während ihrer ersten Krebserkrankung mit auf den Weg gegeben hat: „Im Tal des Jammers breite deine Flügel aus.“ David Rieff hat nun seine Worte wie Flügel ausgebreitet! Denn eines wird klar: alles darf sein in son einem Prozeß – das Hadern, der Kummer, der Zweifel ebenso wie die Illusion, die Hoffung, das Festhalten!

Für mich ist es  ein wichtiges Buch für alle Angehörigen und  Freunde, die sich nach dem Tod und leidvollen Sterben eines geliebten Menschen mit quälenden Fragen herumschlagen.  Und für all diejenigen, die einen Menschen auf diesem Weg begleiten – einschließlich sich selbst! “ Swimming in a sea of death“ – „Schwimmen in einem Meer des Todes“ – lautet der englische Originaltitel und er beschreibt für mich viel besser das Meer der Gefühle, dem besonders die Angehörigen eines Krebspatienten ausgesetzt sind, verbunden mit dem Wunsch und der Hoffnung nach Orientierung, nach einem Leuchtturm. Wolfgang Borcherts Gedicht fällt mir spontan dazu ein:

Ich möchte Leuchtturm sein

 in Nacht und Wind  –

 für Dorsch und Stint,

 für jedes Boot –

und bin doch selbst

ein Schiff in Not.


krank+autonom

 „….Sie bekommen mitgeteilt dass sie krank sind,  und geraten dann in einen Prozess, der sie völlig entmündigt. Nicht die Krankheit ist das Leiden, sondern der Kranke leidet, weil er nicht fähig ist zu reagieren, weil er nicht die Möglichkeit hat, mitzumachen. Er ist dem System ausgeliefert, weil niemand in diesem System bereit ist mit ihm zu sprechen. Klar: Diagnose, Prognose, Therapie, es wird beinhart aufgeklärt, aber wirklich miteinander gesprochen wird nicht. Dabei könnte man allein dadurch helfen, dass man mit den Menschen spricht, zu Gedanken animiert oder nach Ängsten und Wünschen fragt. Denn dann wäre der Kranke wieder am Prozess beteiligt, dann wäre er aus dieser Statik befreit, die einem die Krankheit aufzuzwingen versucht…“ ( Zitat Ch.Sch. in seinem Buch „So schön wie hier ..“,Seite 88)rectanngle_button_180×150.gif

Aus dieser Erkenntnis heraus hat Christoph Schlingensief das Netzwerk „krank und autonom“ gegründet – einfach mal selber reinschaun: http://www.krank-und-autonom.de/weblog/?cat=5

Beim Lesen dieser Zeilen wurde mir wieder einmal klar, welch großes Glück ich hatte dass mit mir gesprochen wurde, dass ich meinem  Onkologen alle Fragen stellen konnte und Antworten bekam. Viele, gute Antworten gab es auch gestern Abend beim Treffen der Selbsthilfegruppe, zu dem der Onkologe Dr. Jung  kam um den über 20 anwesenden Frauen Wirkungsweise, Chancen und Grenzen der adjuvanten Antihormontherapie aufzuzeigen.Infos zu unserer Selbsthilfegruppe findet Ihr unter:  http://www.selbsthilfe-brustkrebs-chiemgau.de/

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Lochkameraaufnahme im Ionenbeschleuniger, Juni 2005

 

 

ein Stück Abschied

So, nun wirds ernst – die Kisten stapeln sich. Irgendwie geht jetzt alles doch recht schnell, zumindest früher als gedacht: kommenden Freitag ziehe ich nach Chieming um, in ein Häusl mit viel Platz fürs Atelier, für eine Werkstatt und mit Garten für die Hunde. Der See ist nicht weit weg und Bergblick gibts dort auch. Auch kabelDeutschland hat ratzfatz meine Kündigung akzeptiert und ab 30. Juni bin ich ohne Netz. Denn in Pfaffing 13, so die neue Anschrift, gibts bisher weder Kabel noch Internet und Telefon gibts auch noch nicht – bin dann also nur übers handy erreichbar. Bis ich dann wieder online bin wirds etwas dauern. Noch schreib ich aber ein bißerl im blog, der Umzugslaster kommt „erst“ nächsten Freitag, am 26.Juni – dabei frag ich mich wie ich das bis nächste Woche alles schaffen soll. Für mich ist dieser Wegzug aus meiner wunderbaren Atelierwohnung in Surtal ein Abschied der mir gar nicht so leicht fällt: habe mich hier sehr wohl gefühlt im Haus und bei den Hausleuten. Nach 2 1/4 Jahren gehts wieder auf in was Neues – natürlich freu ich mich denn wir haben da wirklich ein Kleinod gefunden in Chieming und da ist ein großer Garten der gestaltet werden will.

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Immer wenn ich wieder eine Ecke geräumt, sortiert und geschachtelt habe gibts zum Cappuccino ein Künstlervideo.Habe zufällig auf arte-online entdeckt, dass dort sechs Künstler vorgestellt werden, Christian Boltanski, Christine Spengler und Jacques Monory hab ich schon gesehen. Bei allen dreien kommt dem Thema Tod und Streben übrigens eine besondere Bedeutung zu bzw. zeigt sich das in ihren Arbeiten und nimmt Einfluss auf ihr Werk. Ich glaube aber nicht, dass Künstler  mehr als andere den Hang zum Morbiden haben. Ich denke jeder Mensch trägt sich auf seine Art und Weise mit dem Tod, dem Streben, der eigenen Endlichkeit auseinander – die Künstler machen es nur öffentlicher, ihre Interpretationen, Ängste, Erfahrungen setzen sie sichtbar um und stellen sie sozusagen zur Verfügung. Besonders spannend finde  ich in dem Zusammenhang die Lebensgeschichte von Christine Spengler, die durch einen großen Verlust sich bewußt den Tod als Thema gewählt hat und als Fotografin an Kriegsschauplätze und in Krisengebiete ging um dann Jahre später, durch eine eigene Todeserfahrung, sich wieder dem Leben zuwenden zu können. Beides – den Tod und das Leben – setzt sie gezielt in ihren Fotografien um. Wer  reinschaun will bei arte : http://www.arte.tv/de/Kultur-entdecken/kuenstler-hautnah/Sechs-Sendungen-online/2689762.html

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So schön wie hier….

Recht hat er, der Christoph Schlingensief,es ist sauschön hier! Für diese Erkenntnis bräuchte ich zwar nicht ihn , auch nicht sein Buch – doch dass er es so deutlich sagt, dass finde ich schon mal sehr gelungen. Wie überhaupt das ganze Buch, das letztendlich die buchsch.jpggeschriebene Version seiner Gedanken, Eindrücke und Gefühle ist, die Schlingensief 2008 während seiner Krebserkrankung und den Therapien ins Diktiergerät gesprochen hat. Dass Schliengensief schonungslos und offensiv mit Dogmen , verkrusteten Ansichten und engstirnigen Denkweisen umgeht war mir bekannt – dass er auch bei sich selbst, bei seinem persönlichen Erleben ohne Netz und Filter arbeitet überrascht mich dann doch. Es fiel mir bis dato nicht gerade leicht mich seinen künstlerischen Arbeiten – Inszenierungen, Installationen und „Ready mades“ – zu nähern.  Rückblick- end verstehe ich sie besser – als ein Hinarbeiten auf seine momentanen Werke. Keine Angst – ich schreiben keine Rezensionen hier, weder über das Buch noch über seine Werke, das tun andere viel besser. Ich möchte nur meiner Begeisterung Ausdruck verleihen – und Neugier wecken! Auf seinem Internetauftritt –  http://www.schlingensief.com/ – und über den blog  http://www.peter-deutschmark.de/  erhält  man über ausführliche previews einen Einblick in „mea culpa“ und „Eine Kirche der Angst gegen den Feind in mir“. Bei letzterem hört  man unter „Die Kirche und ich“ den O-Ton der damailgen Aufzeichnung – sehr berührend!!!! Schliengesief hält mit nichts hinterm Berg – weder mit den großen Gefühlen noch mit den alltäglichen , banalen Gedanken und macht so die existenzielle Bedrohung unmittelbar spürbar. Es ist ihm ein großes Anliegen, dass Patienten Mensch und zugleich autonom bleiben – denn gerade seine Autonomie aufgeben zu müssen  hat er  selbst als sehr bedrohlich und schockierend erfahren. In den ersten vier Wochen nach der Diagnose bräuchten die Patienten psychologischen und psychotherapeutischen Beistand, ebenso kompetente Antworten  auf Fragen zur Therapie, so Schlingensiefs Erkenntnis. Er selbst habe das schmerzlich vermißt – und darum  „krank und autonom“ gegründet ( siehe HP!) das er als Netzwerk Betroffener versteht. Sowohl sein Buch als auch seine Inszenierungen sind für mich ein Aufruf zu mehr Offenheit, Austausch und Anteilnahme, wovon es tatsächlich nicht genug geben kann, wie ich vorallem aus meiner Arbeit in der Selbsthilfegruppe weiß.

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Bei mir selbst tauchen Erinnerungen an Gedanken und Gefühle auf, die zu haben ich mir verwehrte oder bagatellisierte. In meinen Zeichnungen und Bilder erkenne ich sie wieder. Dass sie legitim, zu tiefst menschlich und „erlaubt“ sind wird mir jetzt bewußt! Ebenso die Notwendigkeit meiner eigenen künstlerischen Arbeit, um im wahrsten Sinn des Wortes die Not zu wenden.“Wir brauchen die Kunst um nicht an der Wahrheit zu verzweifeln“- Nitzsche hats begriffen!

© Michaela Dreier

 

Überschattung

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© Michaela Dreier

Diese Arbeit heißt „Überschattung“  und ist eine Collage aus einer verfremdeten Mammografie-Aufnahme und anschließender Überzeichnung.

So stelle ich mir das „Altai“ in der Monoglei vor, in das ich im Moment immer wieder mal eintauche denn ich lese gerade „Der singende Fels“, die Aufzeichnung eines Gepräches mit Galsan Tschinag (Autor, Germanist, Stammesführer in der Westmongolei und Schamane), dem Wissenschaftler Klaus Kornwachs (Systhemtheoretiker, analytische Sprachphilosophie)  und Maria Kaluza, die diesen „Trialog ohne Scheuklappen“  moderiert hat und selbst Naturheilerin ist. Immer wieder kommt es in dem Buch zum Brückenschlag zwischen Schamanismus und Wissenschaft, zwischen Lebenserfahrungen und Erkenntnissen der Menschen und Gesellschaften in Ost und West.

„Überschattet“ ist auch das Thema Krebs –  das wurde mir in der letzten Wochen wieder mal sehr bewußt bei meinem Vortrag „Diagnsoe Krebs – was dann?“, bei dem Besuch der Ausstellung „Noch einmal Leben“ (siehe weiter unten) und bei der Reaktion vieler Menschen wenn sie erfahren, dass ich selbst Brustkrebs hatte. „Jeder vierte stirbt an Krebs“ schreibt David Servan- Schreiber – “ aber drei tun es nicht!“ Doch gerade Krebs, egal nun welche Form oder Art , wird mehr als jede andere Krankheit unmittelbat mit Tod und Schmerz, Angst und Leid assoziiert –  obwohl z.B. immer noch „Todesursache Nr 1“ Herz-  Kreislauferkrankungen sind. Woran liegt das? Ich kann es mir nur so erklären, dass Krebs – und sei der Tumor auch noch so klein – etwas ist, das wächst, aus sich vermehrenden Zellen besteht, „lebendig“ ist und eine Form hat. Somit ist Krebs weniger abstrakt als jede andere Veränderung im Körper. Was eine Form hat, kann benannt und bezeichnet werden, womit wir wieder beim „Zeichnen“ wären, denn Zeichnen heißt auch Zeigen. Die Diagnose Krebs zeigt uns  die Endlichkeit des Lebens in aller Deutlichkeit – das verbindet auf der einen Seite und erklärt, warum Selbsthilfegruppen oft so hilfreich sind für den Austausch und das Begreifen, den Umgang und die Verarbeitung der Krankheit – siehe auch :   http://www.selbsthilfe-brustkrebs-chiemgau.de   bei der ich aktives Mitglied bin.  Auf der anderen Seite erklärt es die Berührungsängste,  die viele Betroffenen erleben und erfahren – immer noch und immer wieder.

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Körperbewußtseinsbilder

„Kunst macht erst hungrig und dann satt“ . Seit sechzig  Jahren malt sie konsequent sich selbst, dabei ist sie ebenso schamlos wie selbstironisch. Sie zeigt, was und wo es weh tut –  auch wenn es wenig schmeichelhaft ist. Die Rede ist von Maria Lassnig, die nun anläßlich ihres 90igsten Geburtstags in zwei großen Ausstellungen in Köln ( bis 19.Juni  im Museum Ludwig)  und Wien (bis 17. Mai im MUMOK )  ihre Werke und „Körperbewußtsteinsbilder“ zeigt. Mit 61 war sie die erste Frau als Professorin an einer Akademie, vor 29 Jahren also – das  ist noch nicht allzu lange her als diese kleine, unermüdliche Frau einbrach in diese Männerdomäne! „Kunst ist mein ganzes Leben“, sagt sie selbst „für eine Familie hätte mir die Kraft gefehlt.“ Nach Wien wäre ich gerne gefahren –  mit dem Fuß kann ich das nun vergessen. Aber ich bin mir sicher: ihren Bildern werde ich egal wann und wo bestimmt noch begegnen!

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„Selbstportrait im Möglichkeitsspiegel“, Maria Lassnig

Mehr zu und über Maria Lassnig unter:

http://www.youtube.com/watch?v=4sDSZ9GwnCE

http://www.youtube.com/watch?v=ucgovs7VPmk

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Eine Ausstellung die ich vor meinem Fußdesaster gerade noch gesehe habe ist gleich bei mir hier ums Eck in Traunstein bis 8.Mai in der Klosterkirche zu sehen : „Noch mal Leben vor dem Tod“. Gezeigt werden Schwarz-Weiß-Nahaufnahmen des Fotografen Walter Schels, der zusammen mit Beate Lakotta unheilbar Kranke bat sie in den letzten Tagen und Wochen und auch nach dem Tod  begleiten und porträtieren zu dürfen.Durch die Interviews haben die Schwerstkranken die Möglichkeit, persönlichen Fragen noch einmal zu focusieren. Das Sterben verliert in diesen Bildern und durch diese Arbeit für mich einmal mehr seinen Schrecken und deckt sich mit meinen Erfahrungen und Beobachtungen! Infos zur Ausstellung unter:

http://www.noch-mal-leben-traunstein.de/exponate.php

Besucher der Ausstellung haben die Möglichkeit einen „Sinnspruch“  mit nach Hause zu nehmen. Meiner lautete: „Der Mensch wird geboren um zu leben, und nicht, um sich darauf vorzubereiten“ von Boris Pasternak. Darüber habe ich mich echt geärgret, denn ich kenne zu viele Menschen (gerade auch durch meine kunsttherapeutische Arbeit) die sich eben nicht einfach tun zu leben. Menschen, die oft erst die Erlaubnis brauchen leben zu dürfen, die erst erfahren müssen willkommen und wertvoll zu sein.